10. BImSchV-Änderung im April in Kraft, aber…

Alle freuen sich. HVO 100 und B10, also sogenannte paraffinische Dieselkraftstoffe nach DIN 15940 dürfen voraussichtlich ab Mitte des Monats frei verkauft werden. Wichtige Fragestellungen sind jedoch nach wie vor ungeklärt. Denn der Umstand, dass die Kraftstoffgüte nun geregelt ist, heißt leider nicht automatisch, dass alle Voraussetzungen geschaffen worden sind, um Stoffe, die der DIN 15940 entsprechen, auch wasserrechtskonform lagern und abgeben zu können.

WHG und AwSV fordern die Dichtheit aller Systeme, in denen wassergefährdende Stoffe gelagert werden. Die Bauteile dieser Systeme müssen daher nachweislich Qualitätsanforderungen hinsichtlich Dichtheit, also Permeation, Aufquell- oder Schrumpfverhalten von Dichtungen, chemische Beständigkeit von Werkstoffen usw. genügen. Hersteller von Bauteilen haben üblicherweise eine bauaufsichtliche Zulassung ihrer Produkte beim DIBt beantragt, um die Erfüllung dieser Anforderungen belegen zu können. Nahezu alle dieser Zulassungen beziehen sich aber lediglich auf OK, Diesel und Biodiesel-Qualitäten, nicht auf XtL-Kraftstoffe, denn deren Verhalten ist oft noch gar nicht klar.

Diese Zulassungen dienen den AwSV-Sachverständigen, um die Eignung der Anlage zu prüfen und sind somit mittelbar die Grundlage für die wasserrechtliche Erlaubnis, die zum Betrieb einer Tankstelle erforderlich ist.

Hat nun der oder die Sachverständige keine allgemeingültige Grundlage zur Beurteilung der Dichtheit von Systemen oder Bauteilen, sieht der Gesetzgeber eine Zulassung im Einzelfall vor, genannt Eignungsfeststellung nach §63 WHG (Ich weiß, in Wirklichkeit ist es andersrum, aber es erklärt sich schlechter). Das bedeutet: Individuelle Nachweisführung an jedem Standort für jedes Bauteil auf Basis der vom Betreiber beizubringenden Zeugnisse. Alle oben genannten Parameter müssen somit für jedes Bauteil einzeln untersucht und bewertet werden.

Der Sachverständige gibt in seinem Gutachten eine Einschätzung dazu ab, die dann der Entscheidung der zuständigen unteren Wasserbehörde zugrunde liegt. Anlässe sind übrigens nicht nur die Prüfung vor Inbetriebnahme nach §46, sondern auch die wiederkehrenden Prüfungen. Bei bestehenden Anlagen (der vermutete überwiegende Fall) ist auch eine wesentliche Änderung nach §2 Absatz 31 AwSV der Anlage Anlass für Nachtrag, Änderung der Eignungsfeststellung oder sogar Neu-Anzeigepflicht bei der Behörde. Die TRwS 779 nennt in 10.4 Satz 2c und d mögliche Anlässe dafür. Ebenso ist dies der Fall, wenn Sie nicht mehr im Rahmen einer bestehenden Eignungsfeststellung agieren. Spitzfindig, oder?

Betreiber, die den verkauften Kraftstoff nicht selbst herstellen, müssen sich die Eigenschaften der Produkte vom Hersteller beschaffen, üblicherweise über die Sicherheitsdatenblätter. Eine kurze Internetrecherche ergab, dass in vielen Sicherheitsdatenblättern Eigenschaften nicht eindeutig bewertet oder benannt sind. Interessant ist außerdem, dass je nach Hersteller die Einstufung in die Wassergefährdungsklassen differiert, manche stufen nach WGK 1 ein, statt wie zu erwarten wäre nach WGK 2. Ob da die mögliche Platzierung der Anlage in Gefährdungsstufe A dahintersteckt? Hier kann nämlich selbst bei größeren Lagermengen nach §41 (1) Satz 1 auf die Eignungsprüfung verzichtet werden. Sie sehen, zur echten Einführung von XtL-Kraftstoffen sind also eine Menge regulatorischer Hürden im Wasserrecht aufgebaut.

Die TRwS 781, die zu Beginn des Jahres endlich im Weißdruck erschienen ist, spart diesen Punkt daher auch aus. Begründung:

„Anforderungen an Tankstellen für synthetische Kraftstoffe („E-Fuels“) werden in dieser TRwS nicht behandelt, da diese Kraftstoffe zum Zeitpunkt der Erarbeitung nicht in der 10. BImSchV aufgeführt waren. Ebenso liegen für diese Kraftstoffe noch keine bauordnungsrechtlichen Verwendbarkeitsnachweise von Systemen zur Flächenabdichtung vor und die Eignung von Rückhalteeinrichtungen in Entwässerungssystemen für diese Kraftstoffe ist nicht nachgewiesen. 
(…)
Deshalb müssen diese Eigenschaften im Einzelfall nachgewiesen werden.“ 

Es bleibt also spannend.

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