Halbzeit…

Das Jahr 2024 tritt in seine zweite Hälfte ein, viel gäbe es zu berichten über Sportgroßereignisse, politische Querelen allerorten, doch das tun andere bereits. Ich habe mal wieder in die aktuelle Liste der Bundesnetzagentur geschaut, denn der letzte Überblick zur Entwicklung des Schnellladesäulenmarktes ist nun auch schon wieder 4 Monate her. Leider ist die letzte Aktualisierung aus Ende März. Das Intervall zum Februarreport ist aus meiner Sicht zu kurz, um daraus Nennenswertes, zudem en detail, ablesen zu können. Zudem ist es auch schon wieder zu lange her, um es Ihnen als Neuigkeit verkünden zu können.

Deshalb gibt es nur einen schnellen Überblick über den Gesamtzuwachs der binnen etwas über einem Monat hinzugekommenen Schnellladepunkte. Wer möchte, kann ja auf das weitere Jahr extrapolieren. Zudem schauen wir schnell auf die TOP 10 und ihre individuellen Zuwächse in den 43 Tagen seit der Februarliste. Auch hier können Sie Schlüsse ziehen, wenn Sie wollen, wenn auch nur eingeschränkt. Momentaufnahmen sozusagen. Ausführliche Zahlen bekommen Sie wieder, wenn es nennenswertes zu berichten gibt - versprochen.

Vom 7. Februar zum 21. März ist das Netz um 1.972 Schnellladepunkte ab 50 kW gewachsen – im Schnitt an jedem dieser 43 Tage also knapp 46 Ladepunkte mehr.

Die Reihenfolge der ersten 10 hat sich soweit nicht verändert. Was jedoch erstaunt und mich auch ein bisschen schockiert hat, ist die Unterschiedlichkeit der Meldungen. Während der Branchenprimus EnBW in dieser kurzen Zeit 897 (!) neue Ladepunkte meldete, haben 5 der TOP 10 gar keinen bzw. nur minimalen Zuwachs verzeichnen können. Winterpause? Investitionsstopp? Lieferprobleme? Die Ursachen können unterschiedlich sein, alles Genannte ist wohl dabei.

Immerhin drei weitere Firmen haben nennenswert zugebaut:
Shell mit 96 fast dreistellig, Allego und Pfalzwerke jeweils etwas über 50 Ladepunkte.

EnBW hat nun mehr Schnellladepunkte als die nächsten 4 Anbieter zusammen! Fast könnte man die Nummer 5 auch noch mit dazunehmen. Zusammen mit dem Verbreitungsgrad der EnBW Mobility App kommt dabei eine marktbeherrschende Stellung heraus, die bei diesem Ausbautempo immer nur noch größer zu werden scheint. Dazu passt auch, dass das Roaming an EnBW-fremden Ladepunkten teurer geworden ist. Kunden profitieren dafür an den eigenen Standorten sogar von Preissenkungen. Mit zunehmender Flächenabdeckung muss man eben keine Kompromisse mehr eingehen.

Elektromobilität ist aber nicht unser einziges Thema. Hatte ich zuletzt noch auf die deutlichen Unsicherheiten bei der wasserrechtlichen Einstufung von HVO hingewiesen, lesen wir heute in den Branchenmagazinen allerorten freudige Nachrichten über die erfolgreiche Markteinführung. Auch der Preis sinkt allerorten, wenn auch schrittweise. Biomass-to-liquid-Kraftstoffe wie HVO erreichen übrigens Platz 2 bei der erzielbaren Reichweite von Biokraftstoffen. Die nutzen mehr oder weniger dieselben Verfahren wie zur E-fuels-Synthese benötigt werden, nur aufgrund der komplexeren Ausgangsstoffe eben etwas effizienter. Breite Wirkung erzielen sie momentan am besten als Beimischung zu regulärem Diesel und nicht in der (zugegebenermaßen) werbeträchtigen Reinform HVO 100. Das ist der Weg, den auch unsere europäischen Nachbarn gehen – fast alle schon deutlich länger als wir.

Und auch die ersten 5 (!) Tonnen E-Fuel sind vor Kurzem übergeben worden. Allerdings nicht an Porschefahrer, sondern es handelt sich um Flugzeugkraftstoff, wo das edle Gebräu deutlich mehr Sinn macht, als in einem Ottomotor auf dem Weg zum Supermarkt verbrannt zu werden. Denn dem Luftverkehr fehlen umweltfreundliche Alternativkraftstoffe. Die Firma Atmosfair hat 2 ½ Jahre nach geplantem Produktionsbeginn ihre Pilotanlage im Emsland zum Laufen gebracht. Bei ca. 12 Mrd. Liter Kerosinverbrauch nur der deutschen Fluggesellschaften pro Jahr ist jedoch noch ein weiter Weg zu gehen. Die PtL-Anlage in Frankfurt soll ab diesem Jahr weitere 2.500 t jährlich erzeugen, was ca. 4 Mio Liter entspricht, auch in Leuna ist eine Anlage in ähnlicher Größenordnung im Bau. Um die Verhältnisse zu verdeutlichen: ca. 2.600 weitere Anlagen dieser Größenordnung wären nötig, um nur den oben genannten Kerosinbedarf zu decken und immer noch kein Tropfen davon landete im Autotank.

Leicht nachzurechnen ist aufgrund der Energiebilanz, dass der Einsatz von Gasfahrzeugen (und ich meine nicht Wasserstoffautos) einen deutlicheren Beitrag zur Dekarbonisierung leisten könnte. Denn Biogas hat den weitaus geringsten Fußabdruck bzw. die höchste Kilometerleistung je ha Anbaufläche unter den „echten“ Biokraftstoffen. Und die Nebenprodukte können noch wertvolles Tierfutter liefern. Das Potential der Biokraftstoffe insgesamt ist laut FNR noch deutlich ausbaufähig. CNG-Tankstellen gibt es leider immer weniger, die Nutzung der erprobten, sicheren Technik mit dem chemisch gleichen Biogas wäre kein Problem. Zudem suchen viele Biogashersteller gerade neue Wege zur Vermarktung, da die Verstromung ihres Wirtschaftsguts nicht mehr gefördert wird.

Allein - die Hersteller bauen kaum Fahrzeuge und der Gesetzgeber schläft bei Förderung und Besteuerung mal wieder den Schlaf der Gerechten.
„Technologieoffenheit“ fordern da unverdrossen die Verbände und die Opposition, aber scharf rechnen mag dort offenbar auch niemand gern.

Eine vergleichsweise einfache Rechnung macht den Hebel deutlich, den wir momentan weitgehend ungenutzt liegen lassen:
Laut Kraftfahrt-Bundesamt sind aktuell ca. 234.000 Sattelzugmaschinen (= schwere 40t LKW) und 85.000 Busse in Deutschland zugelassen. Schwere LKW und Busse verursachen ca. 28% der CO²-Emissionen in der EU. 320.000 deutsche Fahrzeuge auf umweltfreundliche Antriebe umzustellen, sollte deutlich leichter fallen als 34 Mio. PKW zu dekarbonisieren. Das bedeutet nicht, dass man dort locker lassen sollte, oder vielleicht sogar die Bemühungen ganz einstellen, wie politisch nicht ernstzunehmende Kreise fordern.
Ich sehe es aber so, dass die Fahrzeuge, die große Mengen an Menschen und Material befördern, bevorzugt umgestellt werden sollten und ein entsprechendes Infrastrukturangebot für diesen Verkehr überfällig ist. Denn kommendes Jahr ist schon Halbzeit auf dem Weg bis 2030. Da sollte man doch langsam mal ein Tor erzielt haben, oder?

Zu allen Themen können Sie mehr erfahren. Besuchen Sie meine Schulungsangebote bei verschiedenen Trägern. Hier dazu die Veranstaltungshinweise für den Herbst:

Der UNITI-Kurs

„Elektroladestationen an Tankstellen leicht gemacht“

war massiv überbucht. Da ein Nachfolgekurs laut UNITI-Akademie erst im kommenden Jahr wieder angeboten werden soll, ich aber noch Buchungen bzw. Anfragen habe, gibt es in eigener Trägerschaft einen nahezu „baugleichen“ Kurs. Diesen werde ich wohl jedoch erst im November abhalten können. Ich mache Sie darauf aufmerksam.

Auch bei der UNITI findet jedoch noch statt:

„Tankstellentechnik und -vorschriften leicht gemacht“

Im vergangen Jahr auch sehr beliebt, wurde von den Teilnehmenden gewünscht, mehr Zeit für die vielen Themen zu bekommen.
Aber gerne:
Nun als 2-Tages-Seminar am 18. und 19.09.2024, wieder im UNITI-Haus Berlin.
Eine Buchungsmöglichkeit besteht in Kürze.

BUCHEN SIE ZUDEM JETZT:

„Gasfüllanlagen für Wasserstoff und LNG“

am 24.09.2024

bei der Brugg Rohrsysteme GmbH, Adolf-Oesterheld-Straße 31, 31515 Wunstorf mit Anlagenbesichtigung einer LNG-Tankstelle und Expertenvortrag

„Grundwissen Kompakt – Was Tankstellenverantwortliche wissen müssen“

am 24.10.2024 in Siegen

bei der SGB GmbH,
Grundwissen kompakt - mit Werksbesichtigung und Expertenvortrag

Herzlichst,  

Ihr

Simon Pfennig

Nachtrag

Grafiken können unverändert unter Nennung des Urhebers in eigene Werke eingebunden werden. Ihre Meinung, Fragen oder Wünsche nehme ich wie immer gerne unter  simon.pfennig@forum-ts.de entgegen.

Anhang zum Artikel:

 

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